Gewaltschutz und Geschützte Unterbringung
Ist eine Frau akut von patriarchaler Gewalt betroffen, kann die Polizei durch eine sogenannte Wegweisung des Partners einen kurzfristigen Schutz erwirken. Der Täter bekommt die Wohnungsschlüssel abgenommen und wird aus der Wohnung verwiesen. Auch das Aufsuchen bestimmter Orte, wie dem Arbeitsplatz der Frau oder der Schule der Kinder, kann ihm untersagt werden. Die Wegweisung kann für einen Zeitraum von bis zu 14 Tagen ausgesprochen werden. In dieser Zeit soll die betroffene Frau die Möglichkeit erhalten, zur Ruhe zu kommen und gegebenenfalls weitere Schritte einzuleiten. Meist informiert die Polizei auch über Fachberatungsstellen, an welche die Frau sich wenden kann. Sind Kinder mitbetroffen, wird auch das Jugendamt eingeschaltet.
Weiterführende Maßnahmen kann das Familiengericht nach dem Gewaltschutzgesetz veranlassen, z.B. ein Annäherungsverbot. Verstößt der Täter dagegen, kann er mit einer Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr oder mit einer Geldstrafe belangt werden.
Flieht eine Frau mit ihren Kindern in eine Schutzeinrichtung ist es oft besonders schwer, ihren Aufenthaltsort angesichts von Sorgerechts-, Umgangs- und Scheidungsverfahren geheim zu halten, da die Zuständigkeit des Gerichts immer an den jeweiligen Wohnort der betroffenen Frau wechselt. Hier ist eine fachkundige Beratung unabdingbar, damit Auskunftssperren und andere Maßnahmen veranlasst werden.
Bei minderjährigen Mädchen muss in einer Gefahrensituation das Jugendamt eingeschaltet werden, was z.B. durch die Polizei, die Schule oder andere Kontaktpersonen veranlasst werden kann. Liegt eine akute Gefährdung vor nimmt das Jugendamt das Mädchen in Obhut und bringt es fernab der Familie an einem sicheren Ort unter. Dort gelten spezielle Auflagen und Sicherheitsvorkehrungen, um die Mädchen zu schützen. Auch SOLWODI betreibt zwei solcher Einrichtungen, in Duisburg und Koblenz, die von Gewalt betroffene Mädchen mit Migrationskontext aufnehmen können.
Nach der Trennung von der Familie müssen die Mädchen in der Regel ein eigenständiges Aufenthaltsrecht beantragen. Gleiches gilt für Frauen, die sich von einem gewalttätigen Partner trennen und die keinen eigenständigen Aufenthaltsstatus besitzen, z.B. weil sie aus dem Herkunftsland des Partners für die Eheschließung nach Deutschland nachgeholt wurden. Auch in diesen Fällen ist eine gute fachliche Begleitung essenziell, da viele Frauen und Mädchen mit den entsprechenden Prozessen überfordert sind.
Junge Frauen, die von Ehrgewalt oder Zwangsverheiratung betroffen sind, durften häufig keine eigenständigen Entscheidungen treffen. Ihr Leben selbst zu gestalten und Verantwortung zu übernehmen, fällt ihnen schwer. Dies betrifft die Suche nach einem Ausbildungsplatz oder die Arbeitsaufnahme, das selbständige Wohnen, die Regelung lebenspraktischer Dinge wie die Eröffnung eines eigenen Bankkontos und die Gestaltung der Freizeit und der sozialen Beziehungen. Sozialarbeiterinnen erleben es daher immer wieder, dass junge Frauen trotz großer eigener Gefährdung zu ihrer Familie zurückkehren, weil sie deren „Halt“ und die Geborgenheit vermissen. Daher ist die Unterbringung in einer spezialisierten Einrichtung oder Wohngruppe essenziell, welche die jungen Frauen Schritt für Schritt auf ein selbständiges Leben vorbereitet und auch eine Form von Familienersatz bietet. Die Jugendhilfe trägt dem Rechnung, indem Leistungen bis zur Vollendung des 21. Lebensjahrs bezahlt werden können.