(K)ein Aufenthaltsrecht
Vor dem Hintergrund von Gewalt und Ausbeutung, welche die Frauen auch und gerade in Deutschland erfahren haben, ist es umso unverständlicher und beschämender, dass diejenigen, denen es gelingt zu fliehen, von dem deutschen Rechtssystem im Stich gelassen werden. Die oft hochtraumatisierten Frauen benötigen einen gesicherten Aufenthaltsstatus, um sich zu stabilisieren und Perspektiven entwickeln zu können. Die Sozialarbeiterinnen von SOLWODI müssen jedoch feststellen, dass kaum noch eine nigerianische Frau ein Abschiebeverbot geschweige denn einen Flüchtlingsstatus erhält.
Zudem werden die Verfahren immer schneller abgewickelt, so dass wenig Zeit bleibt, die Geschichte der Frauen aufzuarbeiten. Meist wird argumentiert, dass die Frauen in Nigeria innerstaatliche Fluchtmöglichkeiten hätten, oder es erfolgt gleich eine Dublin-Abschiebung nach Italien als dem EU-Eintrittsland. Weder in Italien noch in Nigeria können die Frauen wirksam vor den nigerianischen Menschenhändlern geschützt werden. Auch können sie dort kaum eigenständig für ihren Lebensunterhalt sorgen. So geraten sie leicht wieder in die Fänge krimineller Vereinigungen und werden erneut Opfer von Ausbeutung und Gewalt.
SOLWODI fordert daher eine Sensibilisierung der deutschen Behörden für diese Problematik. Insbesondere muss bei Verdacht auf Menschenhandel diesem sorgfältig nachgegangen werden. Die betroffenen Frauen brauchen einen gesicherten Aufenthaltsstatus, psychosoziale Betreuung und Begleitung. Dublin-Abschiebungen müssen bei Verdacht auf Menschenhandel ausgesetzt werden, um die Frauen vor Gefahren und erneuten Traumata zu schützen.
Im Koalitionsvertrag haben sich die Ampelparteien zum Ziel gesetzt, ein Aufenthaltsrecht auch unabhängig von der Aussagebereitschaft im Strafverfahren zu gewährleisten. Bis heute sind jedoch keine Schritte in diese Richtung erkennbar. Häufig kann ein Strafverfahren wegen mangelnder Beweislage, da die Frauen nur ungenaue Angaben machen können, nicht eröffnet werden. Oft möchten und können die Frauen, wie oben angeführt, aus Angst vor Repressalien oder einer Re-Traumatisierung nicht aussagen. Es wäre im Sinne der betroffenen Frauen, wenn ein hinreichender Verdacht auf Menschenhandel für eine Aufenthaltserlaubnis ausreichend wäre, ohne sie in ein für sie sehr belastendes Strafverfahren zu zwingen.