Anzeichen von Ehrgewalt
Bei Zwangsverheiratung ist es entscheidend, dass das Umfeld der betroffenen Frau, etwa die Schule oder der Ausbildungsbetrieb, mögliche Hinweise richtig deuten kann. Oft ist etwa die Schule der einzige externe Ort, den ein Mädchen ohne ständige Überwachung durch die Familie besuchen kann. Unregelmäßiger Schulbesuch und andere Verhaltensänderungen kurz vor den Schulferien oder mangelnde Freude bzw. Bedrücktheit vor einer Urlaubsreise in das Herkunftsland sind Alarmsignale, die ein einfühlsames Gespräch mit dem betroffenen Mädchen und die Weitergabe von Informationen zu Hilfsangeboten und Beratungsstellen dringend angeraten sein lassen. Hierbei ist immer darauf zu achten, dass den Wertvorstellungen und Lebensumständen des betroffenen Mädchens mit Respekt begegnet wird.
Eine starke Kontrolle von Frauen und Mädchen und das Unterbinden jeglichen Selbständigkeitsstrebens kann ein Zeichen patriarchaler Gewalt sein, beispielsweise wenn Frauen nicht für sich sprechen, nicht alleine einen Arzt oder Ärztin aufsuchen oder Schülerinnen nicht an Klassenfahrten und Ausflügen teilnehmen dürfen. Weist eine Frau Wunden, Blutergüsse und andere körperliche Verletzungen auf, so kann dies – vor allem wenn es wiederholt auftritt – auf Ehrgewalt hindeuten. Ein mangelndes Selbstwertgefühl, Ängstlichkeit, ein eingeschüchtertes Wesen und Unsicherheit im Umgang mit anderen Personen sowie Niedergeschlagenheit und depressive Stimmungen können Anzeichen sein, dass die Frau oder das Mädchen emotional unter Druck gesetzt werden. Wird das Ausleben der sexuellen Orientierung und Geschlechteridentität verwehrt, sind soziale Kontakte verboten oder nicht erwünscht, so sind dies auch Zeichen möglicher Ehrgewalt.